Thema: Wiederholung
Erschienen: Herbst 2017
Seiten: 101
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Art W. Krüger / Grenzen der Nachahmung
Nina Kuttler / Unwelcome Guest
Sigrid Hermann / Sich wiederholende Bilder — virale Bilder — ein Versuch der Erklärung
Robert Weitkamp / Zwischen David Guetta und Adorno. Versuch einer analogischen Annäherung an die Ravekultur
Luca Lienemann / ich pinkle im stehen und habe 4g. Eine kurze Kritik der Jodel-App
Joscha Blankenburg / Kunst
Judith Kissner / Dots
Florence Schreiber / Performance
Jan Boesken / Immer wieder neu
Raphael Dillhof / Über die gescheiterte Wiederholung von Architekturgeschichte
Jakob Koppermann / Von der Farce zur Tragödie. Die wiederholte Erfindung des Terrorismus
Simon Gumprecht / Die Wahrheit im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit. Über Wahrheit und Lüge im technikhistorischen Sinne
Hendrik Althoff / Hitlers Konzeption der Propagandasprache in Mein Kampf. Ursprünge, Umsetzung und Auswirkungen
Tim Burschyk / Getriebe G
Pia Schreiber / Sinnbasteln
Mirjam Groll / Bartleby oder die (Un-)Möglichkeit der (Selbst-)Verweigerung
Carolin Rauen / Ich konnte nicht aufhören hinzuschauen und plötzlich war alles anders
Michaela Ott / Wiederholung als philosophische und künstlerische Differenzbildung
Tristan Xavier Köster / partita Trope
Catalina Rueda / entre »zwischen«
Nichts scheint sich je zu ändern. Die Welt ist im „rasenden Stillstand“ gefangen. Dass der Weltuntergang leichter vorstellbar sei als das Ende des Kapitalismus, ist längst zu einem Klischee geworden: Selbst die Kritik an der ewigen Wiederkehr des Gleichen scheint sich nicht zu wandeln.
Gleichzeitig gibt es Ereignisse. Krisen brechen die hyperreale Sphäre alternativloser Redundanzen auf. Naturkatastrophen, Kriege und Anschläge sind solche Krisen. Ebenso wie die Flüchtlingsboote, die auf hoher See kentern und deren Passagiere vor dem Ertrinken nicht gerettet werden können. Es sind Ereignisse, die die ritualisierte Zeit des Alltags zerschneiden in ein Davor und ein Danach: ein Schnitt, der als offene Wunde im politischen Bewusstsein zu Änderungen zwingt, ein Bruch, der aus amorpher Zeit differenzierbare Geschichte macht.
Damit ist nicht fertig zu werden. Den normativen Impulsen, die von diesen Ereignissen ausgehen, begegnet man mit großer Hilflosigkeit. Geschichte ist zum Schicksal geworden, dem die Gesellschaften ausgeliefert sind.
Das politische System ist in seiner Symbiose mit dem bürokratischen Apparat diesem immer ähnlicher geworden und schließlich darin aufgegangen. Politik ist heute nicht mehr die Kunst des Möglichen und auch keine kollektive Aktion, schon gar nicht die Unterscheidung in Freund und Feind. Politik ist heute die Verwaltung der Simulationen menschlicher Sicherheit. Was daran dann noch politisch in einem emphatischen Sinne ist, das ist schale Phrase, das ist Lüge ohne die Behauptung von Wahrheit.
So ist man auf sich allein gestellt und beobachtet von der hilflosen Privatheit aus das Geschehen. Von der Privatheit aus scheint die Welt sehr weit entfernt zu sein. Das Weltgeschehen ist für den Einzelnen kaum mehr adressierbar. Und so bleibt es dann bei Alltäglichkeit und bei Redundanz, auch wenn sie sich angesichts des schälenden Weltenbrandes zynisch anfühlen. Dieses Paradox der Gleichzeitigkeit von Ereignis und Routine stellt die Frage nach dem Gleichen und dem Anderen, eben die Frage nach der Wiederholung, der Wiederholbarkeit und auch nach dem Nicht-mehr-Wiederholbaren.
In der zweiten Ausgabe der Prothese versammeln wir Arbeiten, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven an Phänomenen und Konzeptionen der Wiederholung versuchen.
Wir danken besonders Frau Prof. Michaela Ott für Ihren Gastbeitrag Wiederholung als philosophische und künstlerische Differenzbildung.